Detail_Patrimonio_Natural_2023_02

Ein ökologisches Bewusstsein schaffen: der Verein "Patrimonio Natural" in der Provinz Buenos Aires

13.02.2023 - Marla Zech
Hallo! Mein Name ist Marla Zech und ich mache gerade einen Freiwilligendienst in Argentinien über weltwärts. Seit 5 Monaten lebe und arbeite ich schon in Pilar, einem Vorort von Buenos Aires, in der Einsatzstelle „Patrimonio Natural”, einem Verein, der sich im Bereich des Umweltschutzes engagiert.

Patrimonio wurde vor 20 Jahren von meiner Gastmutter und Chefin Graciela Capodoglio zusammen mit einer Freundin von ihr gegründet. Sie war davor als Lehrerin tätig und hatte sich in diesem Kontext bereits für Umweltschutz engagiert, indem sie diese Thematiken ihren Schülern weitergab und bei ihnen ein ökologisches Bewusstsein schaffte. Als dann ihre Freundin vorschlug, aus einem Stück Land am Rande von Pilar ein Naturreservat zu machen, da diese Fläche der Gemeinde gehört, war Graciela sofort einverstanden. 
Foto: Marla Zech
Davor wurde das Gebiet als Müllhalde von umstehenden Unternehmen und als Weideland für die Pferde und Kühe der Nachbarn genutzt. Der durch die Reserva fließende Fluss, der Rio Luján, war vollständig verschmutzt. Deshalb verbrachte Graciela mit einem stetig wachsenden Team von Freiwilligen die ersten sieben Jahre damit, das Gebiet zu reinigen und den Müll zu entfernen. 

Danach wurde das Naturreservat als ein Ort für Umweltbildung und Naturschutz etabliert. Dem stand jedoch viel im Wege. Andere Parteien, die auf die Fläche Anspruch erhoben und denen mit Klagen und Gerichtsverfahren beigekommen werden musste und die Nachbarn, die weiterhin ihre Tiere dort weiden ließen und dadurch die Flora zerstörten. Mittlerweile ist die Reserva jedoch ein grüner Fleck Natur ohne Müll, mit mehr Biodiversität als je zuvor und nur noch vereinzelten Pferden.
Patrimonio setzt sich aus verschiedenen Teilen zusammen: 

Zum einen verwalten sie die „Reserva Natural del Pilar”. Außerdem ist eine Baumschule Teil des Vereins, in der einheimische Pflanzen gezüchtet werden, zum Wiederaufforsten der Reserva und zum Verkauf, zur Finanzierung des Vereins. Dort arbeite ich sehr viel und mache klassische Gartenarbeit wie zum Beispiel das Pflanzen oder Umtopfen von verschiedenen Pflanzen, aber auch die Entfernung des Unkrauts. 

Die Mission von Patrimonio Natural beinhaltet Umweltschutz auf der einen Seite, aber vor allem ein ökologisches Bewusstsein bei der argentinischen Bevölkerung zu schaffen, auf der anderen Seite.
Foto: Marla Zech
In der Reserva als Schutzgebiet liegt ein Feuchtgebiet, das ökologisch wichtig ist, da es als Wasserspeicher dient und somit eine zentrale Rolle bei der Verhinderung von Überschwemmungen und der Trinkwasserversorgung der Bevölkerung spielt. Des Weiteren sind Feuchtgebiete Kohlenstoffspeicher und tragen einen wichtigen Teil zum Klimaschutz bei. Ein weiterer ökologischer Aspekt, für den die Reserva geschaffen wurde, ist die Erhaltung und Kultivierung der nativen Flora und Fauna.
Foto: Marla Zech
Die Menschheit hat viele Arten, sowohl pflanzlich als auch tierisch, in andere Teile der Welt gebracht und somit in andere Ökosysteme. Das ist insofern problematisch, da diese Arten dort nicht in einen ökologischen Kreislauf integriert werden und es somit auch keine Kontrolleure gibt. Dadurch besteht die Gefahr, dass diese Art invasiv wird und die nativen Arten verdrängt.

In der Reserva ist das zum Beispiel die „acacio negro“, also schwarze Akazie. Sie ist invasiv, da es keine Tiere gibt, die die Samen essen, um sich zu ernähren und die Bedingungen für sie hier ideal sind. Dadurch wird die einheimische Vegetation so stark verdrängt, dass die Reserva teilweise einer grünen Wüste gleicht. Soweit das Auge reicht, sieht man nur diese
eine Art. 
Aus diesem Grund werden bei uns in der Baumschule nur einheimische Pflanzenarten verkauft. Außerdem arbeiten wir in der Reserva regelmäßig daran, exotische Pflanzenarten zu entfernen, also herauszureißen.
Ein anderer Aspekt meiner Arbeit umfasst den Aspekt der Umweltbildung. Das wird durch verschiedene Veranstaltungen in der Reserva realisiert. Zum einen kommen oft Schulklassen oder auch Universitäten vorbei, die entweder von den Guardaparques (Parkwächter) oder von Graciela herumgeführt werden.

Zum anderen finden am Wochenende Veranstaltungen statt, wie Vorträge über verschiedene in der Reserva präsente Themen wie zum Beispiel Schmetterlinge oder Fledermäuse. Im Anschluss danach wird das ganze dann auch öfter mit einer spielerischen praktischen Arbeit unterlegt, um die Kinder dafür zu begeistern. Nach dem Vortrag über Fledermäuse haben
wir zum Beispiel kleine Häuser für sie gebaut.
Foto: Marla Zech
Eine andere Art der Veranstaltung, sind die Mondwanderungen, die sogenannten "caminatas nocturnas". Dabei werden die Besucher bei Vollmond durch die Reserva geführt und erleben diese bei Nacht. Danach gibt es noch ein Lagerfeuer, an dem gesellig gegessen wird.
Foto: Marla Zech
Vor allem in der Frühlingszeit finden auch sehr oft Pflanzungen statt. Dann kommen Gruppen von außerhalb also entweder Schüler oder Berufstätige auf Betriebsausflug und wir pflanzen Pflanzen aus der Baumschule. 

Davor bekommen sie normalerweise noch eine kleine Führung durch die Reserva und Graciela erzählt ihnen über den Zweck und die Hintergründe. Danach gibt es oft noch etwas Leckeres zu essen. 

Bei diesen Pflanzungen bekamen wir Hilfe von anderen Umweltorganisationen, die nötiges Material mitbrachten und die Veranstaltungen ebenfalls anleiteten. Ich assistiere bei diesen Veranstaltungen. Außerdem hält Graciela ebenfalls Vorträge in Schulen oder auf Umweltkongressen, wobei ich sie begleite. 
Für diese Umweltkongresse sind wir auch schon zweimal für ein Wochenende in eine andere Provinz gereist. Einmal waren wir in Gualeguay in der Provinz Entre Rios und das andere Mal in einer kleineren Stadt nahe Rosario ebenfalls in Entre Rios. Das waren beides sehr aufregende Erlebnisse. Wir halfen morgens beim Aufbau für die Veranstaltung und dann redeten verschiedene Leute über verschiedene Aspekte des Umweltschutzes und der Umweltbildung. Es wurden unter anderem Projekte zu diesen Themen präsentiert. Zum Beispiel eine Frau erzählte davon, dass sie ebenfalls ein Naturreservat mitbegründet hatte und von den Veranstaltungen, die in diesem stattfinden. Aber auch die Wiederherstellung einer Flussküste durch Aufforstung wurde vorgestellt. Das waren immer sehr interessante Vorträge, obwohl ich zu Beginn Schwierigkeiten hatte sie zu verstehen aufgrund meines fehlenden Spanischs. 
Ein in den Pandemie-Jahren neu hinzugekommener Teil unserer Arbeit sind Tiere, die wir in der Reserva auswildern. Die Auffangstationen, die diese Tiere normalerweise aufnehmen würden, schlossen während der Pandemie, sodass Patrimonio mit der Hilfe der Freiwilligen zusammen diese Tiere aufnimmt und in Quarantäne steckt, um sicherzustellen, dass sie keine Krankheiten haben. Danach, falls möglich, wurden sie in der Reserva freigelassen. 

Oft haben wir auch Tierbabys bei uns, die noch nicht freigelassen werden können, da sie nicht überleben würden und die ihre Mutter verloren haben. Konkret sieht das dann so aus, dass wir über ein paar Tage immer wieder verschiedene Tiere in einem Käfig im Bad haben. Da gibt es zum Beispiel Opossums, Vögel, Schildkröten und vieles mehr.
Foto: Marla Zech
Ich habe bisher schon sehr viele bereichernde und interessante Erfahrungen gemacht und Einblicke erhalten, wie das Thema Umweltschutz und Ökologie in Argentinien vermittelt wird. Leider aber auch, wie wenig präsent es der Bevölkerung ist, was für starke ökologische Probleme auch in Argentinien vorherrschen oder wie sehr der Klimawandel jetzt schon in diesem Land zu spüren ist.

Das macht die Arbeit in Patrimonio Natural aber umso wichtiger und auch erfüllender, weil man regelmäßig merkt, wie Menschen nach diesen Vorträgen und Veranstaltungen andere Blickwinkel haben und ein neu geschaffenes Bewusstsein für diese wichtigen Themen.
Bei Fragen stehe ich gerne zur Verfügung unter der Email Adresse Marla.zech@web.de.

Viele Grüße und bis zum nächsten Bericht,

Marla
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