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Was ist Permakultur? Und was geht noch? Unser Alltag und unsere eigenen Projekte in Caimito

27.05.2022 - Leon Heinrich und Valentin Erb
6:30 Uhr, der Wecker klingelt. Schlaftrunken beginnt der Tag. Nach einem kräftigen Frühstück aus Kochbanane, Reis und Fisch geht es um 8 Uhr ins Nachbardorf Quingüe. Dort findet heute bei einem Mitglied des Vereins eine „Minga“, ein gemeinschaftlicher Arbeitseinsatz, auf der Finca statt. Was wir über die Anlage einer neuen Kakao-Parzelle nach den Prinzipien der Permakultur gelernt haben und was wir sonst noch so tun, darüber erzählen wir euch in unserem zweiten Bericht.
Foto: Valentin Erb
Zunächst zu unserem Arbeitseinsatz auf der Finca:

Gemeinsam mit der Gruppe bereiten wir heute eine neue Permakultur-Parzelle vor. Dazu gehört zunächst das Fällen alter, nicht produzierender Bäume, das Zerkleinern dieser sowie das Erstellen sogenannter „Curvas de nivel“. Dabei handelt es sich um Terrassen, die das Arbeiten auf den Hängen der Finca vereinfachen sollen und außerdem für eine bessere Wasserspeicherung im Boden sorgen. 

Zum Mittagessen gibt es eine mitgebrachte „Tonga“, ein typisches Gericht aus Huhn, Reis und Kochbanane, welches in einem Bananenblatt zubereitet wird. Nachdem Essen werden die restlichen Terrassen beendet und die ersten Standorte für die ersten Setzlinge lokalisiert. Dabei wird uns das Design der neuen Parzelle erklärt, welches verschiedene Pflanzen- und Fruchtarten, Schatten- und Lichtverhältnisse und wilde Waldabschnitte berücksichtigt. 

Insgesamt werden fünf verschiedene Kakaosorten gesät, um in einer Art Langzeitstudie zu ermitteln, welche Art sich auf dem hiesigen Boden am besten bewährt. Um 15 Uhr endet der Arbeitstag und wir fallen erschöpft in die Hängematte.
An Tagen wie heute lernen wir viel über den Umfang der Permakultur und ihre Umsetzung hier in Caimito. Doch was ist eigentlich Permakultur?

Einer der zwei Gründerväter der Permakultur, Bill Mollison, begründet die Permakultur wie folgt: „Permakultur dreht sich um die Gestaltung nachhaltiger menschlicher Siedlungen. Es ist eine Philosophie und ein Konzept für Landnutzung, das ein- und mehrjährige Pflanzen, Tiere, Boden, Wassermanagement und menschliche Bedürfnisse zu komplex vernetzten produktiven Gemeinschaften verbindet.“
Es ist allerdings relativ schwer die eine Definition für Permakultur zu formulieren, da sich die Permakultur als eine Art Lebensphilosophie mittlerweile auf verschiedenste Bereiche sozialer, pädagogischer, politischer oder landwirtschaftlicher Ebenen beziehen kann. Die Definition Mollinsons versteht sich als ursprüngliche Idee der Permakultur und hat sich seit den 70er Jahren stetig weiterentwickelt und auf weitere Bereiche des Lebens ausgedehnt.


Normalerweise sind auf einer konventionellen Kakaofinca so viele Kakaopflanzen wie möglich in gerade Reihen angelegt. Um die Produktion zu erhöhen, werden mit Pestiziden Schädlinge und (Pilz-)Krankheiten bekämpft.

Im Gegensatz dazu lässt sich hier in Caimito der Gedanke der Permakultur an einigen Teilen der Fincas finden. Neben den schon erwähnten Terrassen wird auf den Fincas eine möglichst hohe Biodiversität angestrebt. 

Das Design einer Kakaoparzelle sieht dafür einen äußeren Rand aus Fruchtbäumen bzw. Fruchtwald vor. Diese erzeugen ein besonderes Aroma der Kakaofrucht und locken verschiedenste Tiere, die die Samen unterschiedlichster Pflanzen verteilen, an. Im Zentrum der Parzelle entsteht mit Hilfe einer produktiven Sukzession, dem Abfolgen verschiedenster Pflanzengemeinschaften, eine Kakaoparzelle. Zur Vorbereitung werden alte Bäume gefällt bzw. aussortiert, so dass nur noch vereinzelt große, schattenspendene Bäume oder Palmen stehen. 
Foto: Valentin Erb
Nach dem Anlegen der Terrassen werden zwischen den Kakaobäumen kurzzyklische Pflanzen, wie Papaya, Banane, Yuca, Mais und Bohnen gesät. 
Foto: Valentin Erb
Diese sind zunächst konkurrenzstärker und wachsen schneller. So schaffen sie den nötigen Schatten für die heranwachsenden Kakaopflanzen und liefern Biomasse und Nährstoffe. Sobald der Kakao größer wird, verschwinden mit den einjährigen Pflanzen wie Yuca, Mais und Bohnen die ersten Pflanzengruppen. Nach weiteren Jahren können auch die Bananen und Papayas geerntet werden und verlieren durch das Wachsen der Kakaobäume an Konkurrenzfähigkeit. So steht nach einigen Jahren eine produktive Kakaoparzelle mit nur noch vereinzelten Bananen und Papayapflanzen.

Diese „Minimonokultur“ ist allerdings nur ein kleiner Abschnitt der gesamten Finca. Neben mehreren dieser Kakaoparzellen, ist ein Teil der Finca meist ein unberührter Wald. Auch ein Wasserspeicher ist meist Teil des Designs und wird teilweise durch das Fließen durch die Finca zur Trinkwassergewinnung genutzt.


Auch in den Wohnhäusern bzw. dem Zentrum von Caimito finden sich Aspekte der Permakultur wieder. Von uns angestoßen haben wir in zwei Wochen verschiedenste Elemente dieser im Gemeindezentrum umgesetzt. Gemeinsam mit der Gemeinde, vor allem der Jugend, haben wir uns Projekte überlegt und unser gelerntes Wissen sowie weitere Impulse aus der Gemeinschaft in den zwei Projektwochen umgesetzt. Dazu zählt ein Mülltrennungssystem, in dem wir versuchen so wenig wie möglich Müll auf die Mülldeponie schicken zu müssen. 
Außerdem bauen wir einen Biofilter für das Grauwasser der Küche und der Dusche. In einer Art Kompost werden Seife, Wasch- und Spühlmittel zu, für Pflanzen aufnehmbare Nährstoffe umgewandelt und das Wasser durch die Bananenpflanzen in die Atmosphäre „gepumpt“. 

Ebenso bauen wir einen Kompost für den organischen Abfall. Durch das Trockenklo, den Biofilter, sowie den Kompost schaffen wir einen Stoffkreislauf, mit dem Nährstoffe wieder zurück auf die Finca gelangen und zum Produzieren neuer Früchte genutzt werden können. 
Abschließend erstellen wir einen Lehrpfad, der den Kompost, den Biofilter, das Trockenklo, sowie die Mülltrennung erklärt und mit Symbolen darstellt. Dabei wollen wir erreichen, dass kommende Touristen die Aspekte der Permakultur verstehen und vielleicht auch zu sich nach Hause mitnehmen.
Foto: Valentin Erb
Interessanterweise befindet sich in der Verfassung Ecuadors mit einem indigenem Konzept eine Perspektive im Einklang mit der Natur zu leben: Die ursprünglich indigene Lebensphilosophie des „Sumak Kawsay“, Kitchwa für das Gute Leben bzw. Buen Vivir, weist mit ihrem Umgang mit der Natur Parallelen zur Philosophie der Permakultur auf. Dazu aber das nächste Mal mehr. 
 
Bis dahin liebe Grüße,

Leon und Valentin
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