Detail_Weltbiodiversitätstag

„Die Biologische Vielfalt ist ein Thema für die Klassenzimmer!“

22.05.2020 - PIENSA!-Stiftung ; Zuletzt aktualisiert: 04.04.2022
Der 22. Mai ist in jedem Jahr der Internationale Tag der Biologischen Vielfalt. Seit 2001 wird an diesem Tag daran erinnert, dass die internationale Staatengemeinschaft bereits 1992 in Rio de Janeiro beschlossen hat, die Artenvielfalt zu erhalten.
 
Die Ziele des Übereinkommens sind die Erhaltung der biologischen Vielfalt, die nachhaltige Nutzung ihrer Bestandteile sowie die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus der Nutzung der genetischen Ressourcen ergebenden Vorteile. Doch wo stehen wir heute? Was wurde in der UN-Dekade 2010-2020 für den Erhalt der biologischen Vielfalt erreicht? Sind die Maßnahmen ausreichend? Und wie sollte es aus unserer Sicht weitergehen?  
Logo: World Biodiversity Day
Im 12. "Living Planet Index" des WWF aus dem Jahr 2018 wurde festgehalten, dass die Menschheit seit 40 Jahren mehr Ressourcen in Anspruch nimmt als die Erde erneuern kann. Weiter heißt es: „Der Index zeigt einen Rückgang der Wirbeltierbestände um 60 Prozent zwischen 1970 und 2014. Mit anderen Worten: Die Bestände der untersuchten Wirbeltierarten haben sich in 44 Jahren mehr als halbiert. ... Ein Viertel aller im Index berücksichtigten Arten sind bedroht". Mit der 13. Ausgabe des "Living Planet Reports" 2020 muss der WWF die Fortsetzung dieser Entwicklung bestätigen und kommt zu dem Schluss: "Der Verlust setzt sich fort. Alles expandiert, nur die Vielfalt wird weniger". 
  
Die Ursachen sind vielfältig. Aber letztendlich können sie doch alle auf die Einflüsse des Menschen zurückgeführt werden. Der Verlust an Lebensräumen und die Verschmutzung der Umwelt ist hier zu nennen, wie zum Beispiel die Plastikflut in den Meeren. Aber auch Wilderei und Überfischung sowie die sich durch die Globalisierung verstärkende Ausbreitung von invasiven Arten und Krankheiten spielen eine Rolle. Und dann ist da ja noch der exponentiell steigende Ressourcenverbrauch, der sich zum Beispiel im Verlust der Regenwälder zeigt und den vom Menschen verursachten Klimawandel vorantreibt.
Foto: Mystic Art Design auf Pixabay 
2010 hat die internationale Staatengemeinschaft das Übereinkommen über die Biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity – CBD) konkretisiert und eine Zielvorgabe beschlossen, die bis 2050 erreicht werden soll. Auf Grundlage einer umfassenden Bewertung der biologischen Vielfalt soll diese geschützt und wiederhergestellt werden. Grundlage hierfür ist das Verständnis, dass Ökosysteme Leistungen erbringen, ohne die auch die Menschen auf unserem Planeten Erde nicht leben könnten. Alle 10 Jahre wird eine Bilanz gezogen, 2020 sollte dies im Rahmen einer Konferenz in China stattfinden. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde diese mehrfach verschoben und ist nun für den Herbst 2022 vorgesehen.

Aus unserer Sicht ist es sehr wichtig, dass die internationale Staatengemeinschaft erkennt: ohne intakte Ökosysteme und ohne die Vielfalt der Arten ist unser Planet kein lebenswerter Ort. Aber reicht dies aus? Wir glauben, nein! 
Die Entwicklung der Biodiversität während der letzten Dekade, der sog. „UN-Dekade Biologische Vielfalt“ zeigt zwar, dass über internationale Konferenzen und Übereinkommen und deren nationale Umsetzung etwas erreicht werden kann. So nimmt zum Beispiel die Entwaldung in Europa und Asien ab, in vielen Ländern wächst der Wald sogar wieder. Aber in Afrika und in Südamerika nimmt die Abholzung des Regenwalds weiter zu, in Brasilien hat die Zerstörung des Amazonas-Regenwalds ein nie dagewesenes Ausmaß erreicht. Und der letzte Zustandsbericht des Weltbiodiversitätsrats IPBES aus dem Jahr 2019, der auch Grundlage für die nächste Konferenz in China sein sollte, enthält alarmierende Signale im Hinblick auf den Erhalt der Arten. Man darf skeptisch sein, ob es allein über die Mechanismen der internationalen Politik gelingen wird, das gegenwärtige Artensterben zu stoppen. Doch was sollte man aus unserer Sicht tun? 

Ohne mehr Mut, Bereitschaft zur Veränderung und konsequentes Handeln auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene wird es nicht gehen. Die Artenvielfalt mag sehr unterschiedlich ausgeprägt sein auf unserer Erde, aber durch die Globalisierung unserer Wirtschaft und unserer Lebensweise wirken Entscheidungen, die wir bei uns zuhause treffen, in die ganze Welt hinein. Wir könnten zum Beispiel in unserem Land politische Weichenstellungen treffen, die nicht nur den Schutz der Artenvielfalt in Deutschland und Europa betreffen, sondern zum Beispiel den internationalen Handel mit Wildtieren beschränken. Durch diesen „internationalen Markt“ entsteht Druck auf sogenannte exotische Arten, die Wilderei wird gefördert und – ganz nebenbei – auch noch das Infektionsrisiko durch das Überspringen von Viren auf den Menschen erhöht. Oder wir könnten in Europa endlich eine Agrarpolitik einführen, welche nicht nur die Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln und die Existenzsicherung der Betriebe im Blick hat, sondern neben diesen zweifellos wichtigen Zielen auch die Erhaltung der biologischen Vielfalt. Dies sind nur Beispiele und eine komplette Liste möglicher Maßnahmen, welche dann auch den Raubbau an den Ressourcen in den Regenwäldern betreffen muss, würde ganz sicher viele Seiten in Anspruch nehmen. 
Eines ist uns aber ganz besonders wichtig: Die Biologische Vielfalt ist ein Thema für die Klassenzimmer! Und das nicht nur für den Unterricht in den Schulen selbst, sondern auch bei der Nutzung außerschulischer Lernorte, das heißt beim Lernen draußen in der Natur. Wenn Entscheidungen bei uns zuhause so wichtig sind für den Erhalt der Arten, dann müssen wir die Bedeutung der Biodiversität direkt an die Menschen und vor allem an die Kinder- und Jugendlichen herantragen. Es gibt viele gute Beispiele, wie das Thema Artenvielfalt, die Ursachen für deren Verlust und mögliche Handlungsfelder in den Unterricht eingebracht werden können. Einen guten Einstieg bei der Suche nach Unterrichtsmaterialien findet sich auf Website der „Deutschen UN-Dekade biologische Vielfalt“: https://www.undekade-biologischevielfalt.de/service/lehr-und-lernmaterialien-aus-un-dekade-projekten/
Bildquelle: www.initiative-artenkenntnis.de
Doch es geht noch mehr. So hat der Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg in 2020 die „Initiative Artenkenntnis“ gestartet. Mit dem Projekt "Youth in Nature" bekommen Jugendliche, die ihr Wissen rund um die Biodiversität weiterentwickeln wollen, durch vertiefende Workshops oder Projektwochen die Gelegenheit dazu. Die Gruppen verteilen sich über das ganze Land Baden-Württemberg, die Themen sind so vielfältig wie die Natur selbst. Ein Ansatz, den wir uns auch für Hessen und alle anderen Bundesländer wünschen.

Für uns bleibt das Fazit, dass Biodiversität nicht nur ein Thema für die Wissenschaft oder Gegenstand internationaler politischer Prozesse sein darf. Die Bedeutung der Artenvielfalt und deren unmittelbare Relevanz für unser Leben muss stärker Eingang in unser tägliches Leben finden und über die Schulen an die junge Generation herangetragen werden. Ansätze hierzu gibt es mehr als genug. Aber wie so oft liegt es an der Umsetzung. Die PIENSA!-Stiftung hat den Auftrag und die Vision, hierzu einen Beitrag zu leisten. Unterstützen Sie uns! 
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